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Am 10. Oktober 2013 hat der Europäische Gerichtshof einen weiteren entscheidenden Pflasterstein in die Straße zur erleichterten Anspruchsdurchsetzung von Geschädigten in Haftpflichtfällen eingesetzt.
Nach Art 9 Abs. 1 Buchst. b der EU-Verordnung 44/2001 können Begünstigte aus einem Versicherungsvertrag, die ihren Wohnsitz in einem EU-Mitgliedsstaat haben, ihre vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer, der seinen Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat hat, am Gerichtsstand ihres eigenen Wohnsitzes gerichtlich geltend machen.
Mit der unter dem Stichwort „Odenbreit“ bekannt gewordenen Entscheidung vom 13.12.2007 (C-463/06: NJW 2008, 819ff.) hatte der EuGH in Bezug auf einen bei Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit wegen eines Verkehrsunfalls in den Niederlanden geurteilt, dass Begünstigte aus einem Versicherungsvertrag auch Geschädigte sind, die nach nationaler Rechtslage mit Eintritt des Versicherungsfalls als Dritte einen Direktanspruch gegen den zuständigen Versicherer erwerben. Da europaweit jedenfalls haftpflichtbedingte Schadenersatzansprüche aus Verkehrsunfällen mit Kraftfahrzeugen als Direktansprüche gegen den Haftpflichtversicherer der Unfallgegner ausgestaltet sind, war hiermit für den Bereich der EU der Wohnsitzgerichtsstand für die Durchsetzung von Ersatzansprüchen aus Verkehrsunfällen im Ausland begründet.
Bei aller Euphorie nach dieser Entscheidung erwies sich bald, dass den Geschädigten hier zunächst nur „Steine, statt Brot“ zuteil geworden waren. Die gerichtliche Geltendmachung haftpflichtbedingter Ansprüche aus Kraftverkehrsunfällen am Wohnsitzgerichtsstand des Geschädigen, die im übrigen dort ausschließlich gegen den Versicherer, nicht jedoch auch gegen Halter und Fahrer betrieben werden kann, erwies sich nämlich für die Geschädigten eher komplizierter, als einfacher, da die Klage vom Gericht im Ausland zugestellt werden musste, was in der Regel zunächst eine vollständige amtliche Übersetzung der Klageschrift und aller Anlagen erforderte. Die hierfür erforderlichen, häufig nicht unbeträchtlichen Kosten hatte der Geschädigte vorzuschiessen. Danach erfolgte die umständliche zeitaufwändige Prozedur der Auslandszustellung. Und schließlich mußte sich das angerufene Gericht auch noch – zumeist unwillig – mit dem für den Anspruchsgrund maßgeblichen ausländischen Recht befassen, das vom Kläger im Rahmen der Anspruchsbegründung im Gegensatz zu Ansprüchen nach deutschem Recht umfassend dargelegt und unter Beweis gestellt werden mußte.
Mit der jüngsten Entscheidung vom 10. Oktober 2013 (C-306/12) hat der Gerichtshof jetzt auf entsprechendes Ersuchen des LG Saarbrücken für Haftpflichtfälle bei Verkehrsunfällen entschieden, dass der Schadenregulierungsbeauftragte, den jeder in einem Mitgliedsstaat der EU ansässige Kraftfahrt-Haftpflichtversicherer auf der Grundlage der 3. KH-Richtlinie in jedem anderen Mitgliedsstaat etablieren muss, passiv zustellungsbevollmächtigt ist, was von den deutschen Gerichten bisher nicht anerkannt war. Damit ist jetzt jedenfalls für Kfz.-Haftpflichtfälle die zeit- und kostenaufwändige Auslandszustellung von Klagen vor dem Wohnsitzgerichtsstand des Geschädigten entbehrlich geworden; die Zustellung der Klageschrift kann jetzt in der Gerichtssprache im Inland wie eine normale Klage gegen einen inländischen Beklagten erfolgen.
Die Problematik der Klagen am Wohnsitzgerichtsstand beschränkt sich jetzt nur noch auf den Umstand, dass die angerufenen Gerichte hinsichtlich des Anspruchs dem Grunde nach auf ausländisches Recht abzustellen haben, ohne verpflichtet zu sein, dieses auch zu beherrschen. Es ist daher bei derartigen Verfahren weiterhin in erster Linie Aufgabe des Prozessanwalts, dem Gericht im Rahmen des Sachvortrages auch die Rechtslage am Unfallort darzulegen und ggf. zu beweisen. Bei sorgfältiger Vorbereitung des Rechtsstreits unter Zuhilfenahme entsprechender Literatur oder durch Konsultation ausländischer Kollegen dürfte dies allerdings ein zu bewältigendes Problem darstellen.
Da sich das gerichtliche Verfahren nach der Prozessordnung des Landes richtet, in dem die Klage erhoben wird, werden deutsche Rechtsanwälte ihre Honorare für gerichtliche Tätigkeiten auch nach Maßgabe der §§ 91ff. ZPO erstattet bekommen, selbst wenn das anwendbare ausländische materielle Recht eine Kostenerstattung nicht vorsieht. So wären derzeit Einschränkungen bei der Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten vordergründig nur hinsichtlich vorgerichtlicher Kosten der Rechtsvertretung von Relevanz. Über etwaige derartige Einschränkungen muss der Mandant vom Anwalt vor Mandatserteilung in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 12a ArbGG belehrt werden, wenn der Anwalt nicht im Verhältnis zum Mandanten seines Honoraranspruchs wegen Beratungsverschuldens verlustig gehen will. Allerdings werden in der deutschen Rechtsprechung (z.B. OLG München NJW-RR 1998. 1692ff.) mit Billigung des EuGH („AMOK“: NJW 2004, 833ff. = BRAK Mitt. 2004, 28ff. mit Anm. Struve) die mitunter recht hohen ausländischen Korrespondenzanwaltskosten nur bis zur Höhe deutscher Korrespondenzanwaltskosten als notwendig im Sinne des § 91 ZPO und damit als erstattungs- bzw. ausgleichungsfähig angesehen.
Während sich die „Odenbreit“-Entscheidung des EuGH generell auf alle Direktansprüche gegenüber Versicherungen bezog, beschränkt sich die jüngste Entscheidung nur auf Direktansprüche aus Kfz.-Haftpflichtfällen, da nur für diese Fälle eine Verpflichtung der Versicherer besteht, Schadenregulierungsbeauftragte zu bestellen. Wünschenswert wäre, wenn diese Verpflichtung den Versicherern für alle Versicherungszweige auferlegt würde, damit auch Ansprüche aus anderen Gründen als nur speziell Verkehrsunfällen mit Kraftfahrzeugen, die in anderen europäischen Ländern vereinzelt als Direktansprüche ausgestaltet sind, im vereinfachten Verfahren am Wohnsitz des Geschädigten eingeklagt werden können.
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