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Der Justizminister-Rat der EU hat im Sommer 2012 eine Verordnung zur Angleichung des EU-Erbrechts verabschiedet. Mit der Verordnung sollen Testamente und Erbfälle mit Auslandsbezug zukünftig besser geregelt werden – also solche, bei denen der Erblasser Bezug zu mehr als einem Staat hat. Sie ist auf Erbfälle, die ab dem 17. August 2015 eintreten, anwendbar. Die Erbrechtsverordnung hat zum Ziel, die Rechtssicherheit in Erbrechtsfragen europaweit durch berechenbare Vorschriften zu erhöhen. Derzeit auftretende massive Probleme bei grenzüberschreitenden Erbfällen sollen durch die Erbrechtsordnung gelöst werden. Man geht davon aus, dass etwa 10 % aller Erbschaften in Europa einen solchen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen. Da eine EU-Verordnung unmittelbare Geltung in jedem Mitgliedsstaat hat, wirkt sie auch in Deutschland wie ein Gesetz.
Grundsatz der Nachlasseinheit
Eine der wichtigsten Neuerungen ist der Umstand, dass es zukünftig vermieden werden soll, dass bei Erbfällen mit Auslandsbezug verschiedene Vermögensgegenstände nach dem Erbrecht verschiedener Staaten vererbt werden. Beispielsweise kann derzeit ein deutscher Staatsangehöriger, der in Frankreich lebt, zwar ein Testament nach deutschem Erbrecht errichten. Seine Immobilie in Frankreich wird jedoch zwingend nach französischem Erbrecht vererbt und muss daher in einem gesonderten Testament nach französischem Recht geregelt werden.
Schmerzhaft kann dies insbesondere für den überlebenden Ehegatten sein: während nach deutschem Erbrecht in der Regel der Ehegatte neben Kindern die Hälfte des Nachlasses erhält, erbt in Frankreich der überlebende Ehegatte das volle Eigentum lediglich zu einer Quote von einem Viertel oder wahlweise den Nießbrauch, also ein Nutzungsrecht, an den gesamten zum Zeitpunkt des Todes vorhandenen Vermögensgegenständen des Erblassers. In der Praxis bedeutet dies, dass ein möglicherweise in einem langen Erbscheinsverfahren an einem deutschen Nachlassgericht erlangter Erbschein hinsichtlich der Immobilie in Frankreich nicht weiterhilft.
Das hinterlassene Vermögen wird somit in einen deutschen Nachlass und in einen französischen Nachlass gespalten. Eine solche Nachlassspaltung soll es zukünftig nicht mehr geben. Die Differenzierung zwischen der Vererbung von beweglichem und unbeweglichem Nachlass (Immobilien) soll durch die EU-Erbrechtsverordnung entfallen. Somit käme es dann grundsätzlich nicht mehr zur Anwendung unterschiedlicher Rechtsordnungen und damit nicht mehr zur Nachlassspaltung.
Nur ein Nachlassgericht zuständig
Probleme können derzeit auch dann auftreten, wenn Staatsangehörigkeit und Sterbeort einen Bezug zu unterschiedlichen Staaten haben. Dann stellt sich die Frage, welches Nachlassgericht beispielsweise für den Erbscheinsantrag zuständig ist. Der gesamte Nachlass soll zukünftig durch ein Nachlassgericht und nach demselben Recht geordnet werden. Für Erbrechtsfälle ab dem 17.08.2015 ist hierbei nach der Erbrechtsverordnung der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers maßgebend und nicht mehr – wie bisher – dessen Staatsangehörigkeit.
Probleme beim letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort
Ein Deutscher, der in Frankreich lebt, wird dann in der Regel nach französischem Erbrecht beerbt.
Abgrenzungsfragen können sich ergeben, wenn ein deutscher Staatsangehöriger regelmäßig Herbst und Winter in wärmeren Gefilden, zum Beispiel auf Mallorca, verbringt (“Mallorca-Rentner“) und den Rest des Jahres in Deutschland lebt. Verstirbt der Erblasser zufällig auf Mallorca, könnte zukünftig der Nachlass nach spanischem Erbrecht durch ein spanisches Nachlassgericht abgewickelt werden müssen bzw. müsste zunächst geklärt werden, wo der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers war.
Mit der Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt ergibt sich das Problem der Wandelbarkeit des anzuwendenden Erbrechts. Das Erbrecht kann im Laufe des Lebens des Erblassers mehrfach wechseln, ohne dass es für die Beteiligten erkennbar ist.
beschränkte Rechtswahl möglich
Durch die EU-Erbrechtsverordnung wird jedoch zugleich die Möglichkeit geschaffen, im eigenen Testament festzulegen, dass man nach dem Recht seines Heimatstaates beerbt werden will. Ein Deutscher, der beispielsweise in Luxemburg lebt, kann in seinem Testament festlegen, dass sich das auf ihn anzuwendende Erbrecht im Todesfall nach deutschem Recht und nicht nach luxemburgischem Recht richten soll.
Der Mallorca-Rentner sollte in seinem Testament demnach festlegen, dass sein Erbfall nach deutschem Erbrecht und nicht nach spanischem Erbrecht abgewickelt werden soll, unabhängig davon wo der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort war.
Europäisches Nachlasszeugnis
Vereinfacht wird die Abwicklung eines Erbfalls mit Auslandsbezug auch dadurch, dass das so genannte Europäische Nachlasszeugnis eingeführt wird. Es entspricht im wesentlichen den Grundsätzen eines deutschen Erbscheins. Mit dem Zeugnis soll es für Erben und Testamentsvollstrecker bei grenzüberschreitenden Sachverhalten einfacher werden, ihre Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedsstaat nachzuweisen.
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