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Noch nie habe ich eine solche Flut von Testamentsberatungen in der „Vor-Urlaub-Zeit“ erlebt wie in diesem Sommer. Der mögliche gemeinsame Unfalltod lässt vielen Menschen offenbar keine Ruhe. Die häufigsten Unfälle passieren tatsächlich aber am Schreibtisch, z.B. wenn nur das gemeinsame Versterben, nicht aber der zweite Erbfall, also der Tod des Längerlebenden in die Verfügung von Todes wegen aufgenommen wird.
Problematisch ist nach dem Erbfall die Auslegung von Formulierungen wie „falls uns beiden etwas zustößt” oder „sollte uns beiden ein Unglück zustoßen” oder „im Falle unseres gleichzeitigen Versterbens…“.
Die statistische Wahrscheinlichkeit des gleichzeitigen oder annähernd gleichzeitigen Versterbens beider testierender Eheleute ist relativ gering. Die Gleichzeitigkeit des Versterbens wird nur angenommen, wenn nicht bewiesen werden kann, dass von mehreren verstorbenen Personen die eine die andere überlebt hat. Der exakt gleichzeitige Tod zweier Menschen im medizinischen Sinne wird selbst bei einem Unfall kaum jemals eintreten. Ein gleichzeitiges Versterben ist allenfalls bei einem Flugzeugabsturz oder einem Bombenattentat denkbar. Selbst wenn beide Ehegatten beispielsweise bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommen und zwischen der Feststellung des Todes durch den Arzt eine Minute liegt, hat einer der beiden den anderen um 1 Minute überlebt. Es gibt zwei Erbfälle und zwei Nachlässe. Auch wenn zwischen den Erbfällen faktisch nur für eine Minute liegt.
Juristisch gibt es also nicht „den einen“ Nachlass, der von beiden gemeinsam vererbt wird.
Bei der Testamentserstellung muss man diesen Umstand zwingend mitbedenken. Meist kommt es nämlich, wie es (statistisch) kommen muss: Die testierenden Eheleute versterben nacheinander in mehr oder weniger großem zeitlichen Abstand, ohne dass der Längerlebende noch eine Ergänzung der letztwilligen Verfügung vorgenommen hat.
Nach den Grundsätzen des „Berliner Testaments“ können sich Ehegatten im ersten Erbfall zu Alleinerben einsetzen. Die Kinder sollen erst ans Erbe kommen, wenn der längerlebende Ehegatte verstirbt, also im sog. „Schlusserbfall“. Demnach sollte man den zweiten Erbfall entsprechend regeln. Die Ehegatten sollten weiterhin für den Fall des gemeinsamen Unfalltodes hinzufügen, dass die Regelungen für den Schlusserbfall auch im Falle des gleichzeitigen Versterbens gelten sollen. Dann ist eine sachgerechte Lösung für alle denkbaren Fälle getroffen.
Dennoch ist weiterhin die Frage zu klären, was „gleichzeitig“ bedeuten soll. Die Rechtsprechung der höchsten deutschen Gerichte legt die Formulierung „bei gleichzeitigem Ableben“ oder „bei gleichzeitigem Versterben“ dahingehend aus, dass hiervon auch die Fälle erfasst werden sollten, in welchen die Ehegatten innerhalb eines kurzen Zeitraums nacheinander verstürben und der Überlebende in dieser Zeitspanne daran gehindert sei, ein neues Testament zu errichten. Die Formulierung „gleichzeitiges Versterben” soll auch dann Geltung haben, wenn die Ehegatten auf Grund desselben Ereignisses kurz hintereinander eines unnatürlichen Todes sterben. Nach einem Beschluss des BayObLG aus dem Jahre 1996 regelt eine entsprechende Testamentsbestimmung auch den Erbfall nach dem Längstlebenden bei Eintritt des Todes im Abstand von 30 Minuten bei einer Selbsttötung beider Ehegatten.
Um Fehler bei der Formulierung Ihres Testaments zu vermeiden, sollten Sie also ein Testament niemals ohne juristische Hilfe erstellen. Am besten unter Mithilfe eines Fachanwalt oder einer Fachanwältin für Erbrecht.
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