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Es war nur eine Frage der Zeit, wann Urheber oder/und Rechteinhaber auch das „Streamen“ zum Anlass von Abmahnungen machen. Beim Streaming werden Audio – und Videodateien aus einem Rechennetz empfangen und gleichzeitig wiedergegeben. Hierfür ist eine Software notwendig, um diese anzusehen, die meist in dem Webbrowser integriert ist. Dabei werden diese Dateien temporär auf dem eigenen Rechner zwischengespeichert.
Die Schweizer Gesellschaft „The Archive AG“ und die sie vertretende Anwaltsgesellschaft U + C Rechtsanwälte URMANN+COLLEGEN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH l hat nun eine Abmahnungswelle losgetreten. Deswegen soll ein Überblick über den aktuellen Stand der rechtlichen Diskussion gegeben werden.
Täglich werden von Internetnutzer Streaming-Dienste millionenfach genutzt. Für den Einzelnen ist die im Rahmen des Streaming vorgenommene vorübergehende Vervielfältigung nur in der Weise erkennbar, dass Filme auf dem Bildschirm wiedergegeben werden, ohne dass diese auf der Festplatte dauerhaft gespeichert werden. Man wird nicht vom Computer zur Speicherung oder zu einer sonstigen aktiven Handlung aufgefordert. Der normale Internetnutzer wird sich daher gar keine Gedanken darüber machen, ob die Daten des Films oder Musikwerk auf dem eigenen Computer zwischengespeichert werden.
Urheberverletzung durch Streamen
Dennoch wurde das urheberrechtlich geschützte Werke kurzzeitig vervielfältigt. Damit liegt zunächst eine Urheberrechtsverletzung gegen § 16 Abs. 1 UrhG vor, da auch vorübergehende Vervielfältigungs-handlungen von der Vorschrift umfasst sind.
Es stellt sich aber die Frage, ob eine Ausnahmevorschrift anwendbar ist, die diese Art von Handlungen erlaubt. Dies ist im Schrifttum umstritten. Obergerichtliche Rechtsprechung, die sich direkt mit dem Thema beschäftigt, liegt soweit erkennbar noch nicht vor.
Das in der Abmahnung aufgeführte Urteil des Amtsgerichts Leipzig befasst sich mit dem bekannten Fall des Betreibers der Seite kino.to und nicht einem Nutzer dieser Seite, kann daher aus diesem Grund für die Frage nicht direkt von Bedeutung sein.
Erlauben Ausnahmevorschriften das Streamen
Aus einer Entscheidung des EuGH möchte ein Teil des Schrifttums Argumente ableiten, dass § 44a UrhG auf den Empfang von Streaming-Signalen anzuwenden ist, d.h. dass diese Schrankenbestimmung das Streaming erlaubt.
Die Gegenmeinung führt ins Feld, dass zumindest die Voraussetzung nach § 44a Satz 1 Nr. 2 UrhG „und deren alleiniger Zweck es ist, … 2. eine rechtmäßig Nutzung eines Werks … zu ermöglichen“ beim Streaming von Werken nicht erfüllt ist.
Sollte ein Gericht dieser Meinung folgen, wäre noch nicht alles verloren, da es eine weitere Ausnahmevorschrift gibt, die die Handlung erlauben könnte. § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG bestimmt, dass einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern zulässig sind, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.
Bei privaten Konsumenten wird im Zweifel kein Erwerbszweck bestehen, vor allem unter Berücksichtigung der Art der „gestreamten“ Filme, so dass es letztlich darauf ankommt, ob es für offensichtlich war, dass es sich um rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Inhalte handelt.
Von einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vervielfältigung kann ausgegangen werden, wenn der Hersteller des Originals die Erstellung von Privatkopien bekanntermaßen durch technische Schutzmechanismen ausgeschlossen hat oder Handwerk vor dessen Veröffentlichung durch den dazu Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht wird (Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, 4. Auflage, § 53 Rn. 12 a).
Es kann dem Internetnutzer wohl nicht unterstellt werden zu wissen, ob die Pronofilmhersteller ihre Filme technisch schützen. Dies ist jedenfalls bei einem Blick auf der Seite www.redtube.com nicht erkennbar.
Da auf dieser Internetseite der Anbieter damit wirbt, „Free Porn Sex Videos“ wiederzugeben, kann der Nutzer nach meiner Ansicht auch nicht erkennen, dass das Portal offensichtlich rechtswidrige Filme zum Ansehen anbietet.
Dennoch muss die Frage aufgeworfen werden, warum das Landgericht Köln in seinem Beschluss dem Auskunftsanspruch zugestimmt hat. Hätte das Gericht die Anwendung einer Ausnahmevorschrift bejaht, dann hätten auch keine Namen der Anschlussinhaber herausgegeben werden dürfen.
Es wird hier in der Internetgemeinde gemutmaßt, dass das Landgericht den Fall schlicht als Filesharing-Fall betrachtet und daher keine genauere Prüfung durchgeführt hat. Die Verwendung von bestimmten Begriffen lassen zumindest diese Interpretation als nicht abwegig erscheinen.
Der Beschluss ist jedoch rechtskräftig, so dass den Betroffenen – sofern nicht eine Klärung in der Rechtsprechung erfolgt – eher zur Vorsicht zu raten ist, da nicht klar ist, ob das Landgericht Köln nicht bestehenden Meinungen in der Literatur gefolgt ist.
Unklar ist momentan auch, wie die Überwachungsfirma itGuards Inc. es technisch geschafft haben, die ja gestreamte Datei einer konkreten IP-Adresse zuzuordnen. Es wird zu überprüfen sein, ob die ermittelten Werte einem gesicherten Verfahren entsprechen.
Weiterhin sind die Abmahnungen unter Umständen unwirksam. Fehlt der Hinweis, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht, dann ist diese unwirksam. In Abmahnung älteren Datums ist folgender Hinweis enthalten:
„Sofern Sie lediglich als Störer für die Rechtsverletzung verantwortlich sind, geht die vorgeschlagen Unterlassungserklärung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinaus“
Ob diese Angabe ausreicht, ist zu bezweifeln, da nicht klargestellt wird, inwieweit diese Erklärung darüber hinausgeht, sondern nur dass dies so ist.
Reaktionsmöglichkeiten des Abgemahnten
Wie soll nun ein Abgemahnter reagieren? Dies hängt im Grunde davon ab, wie risikobereit er ist. Gibt man keine Unterlassungserklärung ab, dann erhöht sich das Kostenrisiko im Falle eines gerichtlichen Verfahrens. Gibt man eine ab, dann sollte man dieses modifizieren und zumindest diesen Film nicht mehr (auch auf anderen Internetportalen) streamen.
Auf jeden Fall ist davon abzuraten, die 250,00 EUR sofort zu bezahlen. Eine Rückerlangung von einem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz erscheint sehr aufwendig.
Ausblick
Die rechtlichen Risiken für den Abmahner, dass Gerichte das Streamen für grundsätzlich zulässig ansehen, erscheinen zu hoch, als dass eine Prozessflut erwartet werden. Unklar ist, ob die technischen Schwierigkeit, die IP-Adressen beweissicher zu dokumentieren, vom Abmahner gutachterlich ausgeräumt werden und damit auch der Nachweis geführt werden kann, dass die IP-Adressen ohne gegen das Datenschutzrecht zu verstoßen gesammelt wurde.
Aufgrund der momentanen Sachlage erscheint es sich zunächst nur um eine Abmahn-Welle zu handeln, die schnell abebben wird.
Sollte jedoch einige Gerichte die Auffassung vertreten, dass „Streaming“ als Urheberverletzung zu qualifizieren ist, kann es durchaus in der Abmahnlandschaft stürmisch werden.
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