DASD ist ein kostenloser Publikumsservice von
Das LAG Rheinland-Pfalz hatte sich mit einer fristlosen Kündigung einer als Sekretärin und Assistentin beschäftigten Arbeitnehmerin auseinanderzusetzen. Diese warf ihrem Arbeitgeber u.a. Mobbing und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vor. Es kam zu einem Personalgespräch, in dem die Arbeitnehmerin die ihr gegenüber erhobenen Vorwürfe zur Kenntnis nahm, ohne sich dazu zu erklären. Sie nahm dieses Personalgespräch auf ihrem Handy auf und drohte später ihrem Arbeitgeber mit der Veröffentlichung dieser Tonaufnahme. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos.
Nachdem die Arbeitnehmerin schon in der ersten Instanz keinen Erfolg hatte, bestätigte das LG Rheinland-Pfalz die Abweisung der Kündigungsschutzklage.
Das Gericht wies darauf hin, dass eine fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch ohne Abmahnung möglich ist, wenn
1. ein Grund vorliegt, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, und 2. dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.
Das LAG wies darauf hin, dass es dem Arbeitnehmer grundsätzlich verwehrt ist, bei einem Gespräch mit seinem Arbeitgeber ein aufnahmebereites Tonbandgerät heimlich mit sich zu führen. Die sich in einem solchen Verhalten dokumentierende Bekundung des Misstrauens gegenüber dem Arbeitgeber schließe eine zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit aus, und könne auch eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen.
Ein Arbeitnehmer kann zu einem Personalgespräch jederzeit eine Person seiner Wahl hinzuziehen (ein Betriebsratsmitglied, einen Anwalt usw.). Darauf muss sich ein Arbeitgeber auch bei innerbetrieblichen Gesprächen einlassen, wenn er selbst eine dritte Person zum Gespräch heranzieht. Wenn ein Gesprächsteilnehmer eine Aufzeichnung eines Gesprächs fertigen will, muss er den Gesprächspartner vorab darüber informieren und um die Erlaubnis bitten, das Gespräch aufzeichnen zu dürfen. Denn nur dann hat dieser die Möglichkeit, entweder die Teilnahme am Gespräch zu verweigern oder aber seine Worte unter Berücksichtigung der Aufzeichnung auf einen Tonträger zu wählen.
Dies gilt im Übrigen auch für das Aufzeichnen oder aber Mithörenlassen eines Telefonates. Auch in diesem Fall, kann eine Aufzeichnung und/oder aber die Aussage des heimlich Mithörenden im Regelfall nicht verwertet werden.
Das LAG prüfte auch, ob sich die Arbeitnehmerin auf eine Notwehr-/oder Notstandssituation berufen konnte. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass man hiervon im vorliegenden Fall auch nicht im Ansatz ausgehen könne.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass grundsätzlich auch in einer Notwehr-/oder Notstandssituation das heimliche Aufnehmen von Gesprächen und/oder aber das heimliche Mithörenlassen von Telefonaten nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zulässig ist und derartige Beweismittel in der Regel nicht verwertbar sind.
Somit bejahte das LAG einen wichtigen Grund für eine Kündigung und kam dann bei der notwendigen Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall dem Arbeitgeber ein Festhalten an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar war.
In diesem Zusammenhang überprüfte das LAG zutreffend, ob es ein alternatives zulässiges Gestaltungsmittel für den Arbeitgeber gegeben habe, welches auch geeignet ist, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen – zu erreichen. In Betracht zu ziehen wäre in erster Linie eine Abmahnung gewesen. Hierzu führt das LAG aus, dass es einer Abmahnung eines steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dann nicht bedarf, wenn eine Verhaltensänderung selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten ist, oder aber, wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme derselben durch den Arbeitgeber offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist. Denn dann sei grundsätzlich davon auszugehen, dass das künftige Verhalten des Arbeitnehmers nicht schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden könne.
Diese bei allen fristlosen Kündigungen nach der Rechtsprechung vorzunehmende Abwägung führte im vorliegenden Fall dazu, dass das LAG Rheinland-Pfalz den Ausspruch der fristlosen Kündigung für gerechtfertigt hielt.
Es sei weder zu erwarten gewesen, dass die Arbeitnehmerin im Falle einer Abmahnung ihr grundsätzliches Verhalten gegenüber dem Arbeitgeber ändern würde, noch habe diese davon ausgehen können, dass der Arbeitgeber ein derartiges Verhalten (das heimliche Mitschneiden) ohne eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinnehmen werde. Folglich sei davon auszugehen, dass das Ergebnis der im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB anzustellenden Prognose dahin laute, dass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten sei, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Auch die dann noch vorzunehmende Interessenabwägung führe zu keinem anderen Ergebnis.
Das LAG Rheinland-Pfalz hat in dem zitierten Urteil sehr ausführlich die Voraussetzungen für eine wirksame fristlose Kündigung eines Arbeitgebers herausgearbeitet. Bei allen fristlosen Kündigungen kommt es im Ergebnis immer auf den Einzelfall an. Es bleibt aber festzuhalten, dass das heimliche Mitschneiden eines Personalgesprächs ohne Weiteres als Grund auch für eine außerordentliche Kündigung angesehen werden muss. Auf eine Notwehr-/oder aber Notstandssituation kann sich ein Arbeitnehmer in aller Regel nicht berufen; hier dürfte es kaum Ausnahmefälle geben. [LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 30.4.2012 – Az. 5 Sa 687/11, veröffentlicht in: Beck RS 2012, 71866]
19. Januar 2023 Arbeitsrecht
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18.01.2023 (Az.: 5 AZR 108/22) klargestellt, dass Teilzeitbeschäftigte bei gleicher Qualifikation Anspruch auf denselben Stundenlohn wie Vollzeitbeschäftigte haben. Geklagt hatte ein Rettungsassistent, der sich die vom Arbeitgeber angebotenen Schichten selbst aussuchen konnte, was der A
07. Dezember 2022 Arbeitsrecht
Der Neunte Senat des BAG hatte in seiner Entscheidung vom 05.07.2022 darüber zu befinden, ob der/die Arbeitnehmer/-in (m/w/d) beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in der zweiten Hälfte des laufenden Kalenderjahres, also nach dem 30.06., seinen/ihren vollen Jahresurlaubsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen und ge
20. September 2022 Arbeitsrecht
Es hat inzwischen die Runde gemacht: das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat per Pressemitteilung seine Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung veröffentlicht. Arbeitgeber sind demnach gesetzlich verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Ein Initiativrecht des Betriebsrats besteht hingegen nicht. Ein Urteil mit Sachgründen gi
28. Juni 2022 Arbeitsrecht, Vertragsrecht, Zivilrecht
Im Arbeitsverhältnis werden die Informationspflichten verschärft. Arbeitgeber müssen Arbeitnehmer nun umfassender über die wesentlichen Arbeitsbedingungen informieren, für Arbeitgeber verschärfen sich die Fristen und drohen Bußgelder. Die Pflicht für den Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seine Arbeitskonditionen zu informieren ist nicht neu. Schon
14. Mai 2019 Arbeitsrecht
Die Verletzungen, die unsere Mandanten nach Unfällen oder Behandlungsfehlern davontragen, sind oftmals so schwerwiegend, dass sie zu einer vorübergehenden oder in manchem Fall auch dauerhaften Arbeitsunfähigkeit führen. Die damit verbundenen Einkommenseinbußen, der sogenannte Erwerbsschaden, machen wir in diesen Fällen bei dem Verursacher geltend
19. März 2014 Arbeitsrecht
Sachverhalt Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zuletzt zwischen ihnen geschlossenen Arbeitsvertrags. Die Klägerin war aufgrund vier aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt für das Jahr 2009. Im Arbeitsvertrag war vermerkt, dass die Klägerin als Arbeitsvermittlerin bei der Agent
Das Rechtslexikon erläutert Ihnen allgemeine juristische Fachbegriffe und aus verschiedenen Rechtsgebieten.
Die Düsseldorfer Tabelle enthält Leitlinien zur Berechnung des Unterhalts, insbesondere dem Kindesunterhalt.
Die Kindergeldtabelle zeigt Ihnen die monatlichen Ansprüche auf Auszahlung an die Kindergeldberechtigten.
Die Basiszinstabelle zeigt Ihnen den jeweils aktuellen Basiszinssatz seit 1970 in tabellarischer oder grafischer Ansicht.
Die Bußgeldtabelle zeigt einen Auszug auf dem aktuellen Bußgeldkatalog. Sie nennt die jeweilige Bußgeldhöhe, Punkte und Fahrverbote für Verkehrsordnungswidrigkeiten.
Mit der DASD Pfändungstabelle können Sie die Netto-Auszahlung nach Monat, Woche und Tag berechnen. Die Pfändungstabellen seit 2002 stehen zur Verfügung.
Um Ihr Kostenrisiko zu berechnen, steht Ihnen ein Prozesskostenrechner sowie eine Quotentafel, unentbehrlich insbesondere bei Vergleichen, zur Verfügung.
Mit dem Mehrwertsteuer-Rechner können Steuerbeträge schnell ermittelt werden.
In Vorbereitung
Zu zahlende Raten können nach Ratenhöhe und Laufzeit unter Berücksichtigung etwaiger Zinsen ermittelt werden.
Hier können Sie die Gebührentabelle für Rechtsanwälte nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) einsehen.
Hier stehen Ihnen verschiedene Zinsrechner zur Berechnung von Zinsen für bestimmte Zeiträume zur Verfügung.