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Zwischen Versicherern und Versicherungsnehmer entsteht immer wieder Streit darüber, wann der Versicherungsfall im Rahmen von Zahnbehandlungs- und Zahnersatz-Zusatzversicherungen entsteht. Diese Frage ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn eine solche Zusatzversicherung nicht mehr in jungen Jahren abgeschlossen wird, was gar nicht so selten geschieht, da die Versicherer sehr intensiv um den Abschluss derartiger Zusatzversicherungen werben.
Die Instanzenrechtsprechung beantwortet derartige Fragen oft mit sehr unterschiedlichem Ausgang, der BGH hat aber nunmehr in einem Beschluss vom 17.12.2014 die Grundsätze hierzu nochmals erläutert und kommt zu folgendem Ergebnis:
In den entscheidenden AVB ist Folgendes geregelt:
„Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund eine Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht.“
Der BGH weist darauf hin, dass mit dem Begriff „medizinisch notwendige Heilbehandlung“ für den Versicherungsnehmer erkennbar nicht an den Vertrag zwischen ihm und dem behandelnden Arzt und die danach geschuldete medizinische Heilbehandlung angeknüpft wird. Vielmehr werde zur Bestimmung des Versicherungsfalles ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Daher komme es für die Notwendigkeit der Heilbehandlung nicht auf die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht auf die des behandelnden Arztes an, Gegenstand der Beurteilung können nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Demgemäß liegt eine medizinisch notwendige Heilbehandlung vor, wenn es nach den objektiv medizinischen Befunden und der Kenntnis zu dem Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen.
In dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte sich der Versicherungsnehmer wegen Schmerzen an dem Zahn 28 (Weisheitszahn Oberkiefer links) in die Behandlung seines Zahnarztes begeben. Dieser extrahierte den Zahn und fertigte anschließend zur Kontrolle eine Röntgenaufnahme des Bereichs. Dabei zeigte sich, dass der benachbarte Zahn 27 einen Auflösungsprozess des Kieferknochens an der Wurzelspitze aufwies. Die Zahnärztin informierte den Patienten über diesen Zustand mit dem Hinweis, dass die Prognose langfristig nicht günstig sei, der Zahn aber so lange erhalten werden sollte, als möglich.
Bei diesem Sachverhalt handelte es sich um eine Situation, die wohl sehr oft vorliegen wird und die viele Versicherungsnehmer gerade dazu veranlasst, derartige Zahnbehandlungs- und Zahnersatz-Zusatzversicherungen abzuschließen, ohne dass dies in böser Absicht geschieht.
Gemäß § 1 Nr. 2 der maßgeblichen Bedingungen beginnt der Versicherungsfall mit der Heilbehandlung. Der BGH wies darauf hin, dass zur „Behandlung“ einer Krankheit nicht nur die unmittelbare Heiltätigkeit, sondern bereits schon die erste ärztliche Untersuchung gehört, die auf die Erkennung des Leidens abzielt, ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige und richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen wird.
Sobald der Versicherte wegen einer Krankheit einen Arzt einmal in Anspruch genommen habe, hindere ihn diese Klausel daran, den Versicherungsfall willkürlich abzubrechen (also die Behandlung abzubrechen) und einen neuen zu einem ihn geeigneten entscheidenden Zeitpunkt zu beginnen, obwohl es sich tatsächlich um die Weiterbehandlung der früheren Krankheit handele.
Im Ergebnis hatte also der Versicherungsnehmer in dem beschriebenen Fall keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Behandlung des Zahns 27.
Fazit:
Angesichts dieser klärenden Rechtsprechung des BGH sollten alle Inhaber derartiger Zahnbehandlungs-Zahnersatz-Zusatzversicherungen sich darüber im Klaren sein, dass im Ernstfall beileibe nicht jede Behandlung, die nach Abschluss der Zusatzversicherung eingeleitet und abgeschlossen wird, dem Versicherungsschutz unterliegt. Die Versicherer werden immer prüfen, ob der behandelnde Zahnarzt oder aber ein anderer Zahnarzt bereits in der Vergangenheit den oder die nunmehr behandelten Zähne zum Beispiel geröntgt haben oder aber dort irgendwelche Befunde festgestellt oder hätten feststellen können, die als Beginn einer Behandlung angesehen werden können.
Somit kann es für Inhaber einer solchen Versicherung durchaus zu bösen Überraschungen kommen. In dem einen oder anderen Fall dürfte eine Analyse dieser Entscheidung des BGH dazu führen, dass es keinen Sinn macht, eine derartige Zusatzversicherung weiter aufrecht zu erhalten. Hierüber sollte man sich bei Abschluss und auch bei Durchführung entsprechender ärztlicher Behandlungsmaßnahmen im Klaren sein. [BGH, Beschl. v. 17.12.2014 – Az. IV ZR 399/13, veröffentlicht in: r+s 2015, 142]
Rechtsanwalt Markus von Laufenberg, Köln Fachanwalt für Arbeitsrecht, Versicherungsrecht
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